DRIVE

22. März 2012 | Von | Kategorie: Flimmerkiste

Eine 80iger Jahre Soft-Porno-Szene, in der sich auf der Motorhaube statt dem obligaten Busenwunder ein leckeres Kerlchen rekelt. Ryan Gosling mit auf Hüfthosenniveau herabgerutschter Bluejeans. Jungmädchentraum für alle Altersklassen. In güldenen DocMartens-Schnürstiefeln und Jesus-Christ-Pose. Dass die Szene von goldenem Abendrot untermalt ist, kann Einbildung sein. Alles fein, alles sauber. Und das nach fachmännisch geführtem Samurai-Messer-Nahkampf, welcher als Schattenboxerei am hellen Betonboden ausgeführt wurde. Ein Highlight – und genau genommen das einzig nennenswerte – in einem Film, der nicht zuletzt aufgrund des Titels mehr DRIVE erwarten lässt.

Grundsätzlich ist Autofilm hysterisches Testosteron. Tripple T. Tempo, Titten, Tote. Ein paar davon gab es. Die Brust ebenso. Im Close-Up und zartem Helena-Rubinstein-Korallenrot. Ästhetisch durchaus anspruchsvoll. Ebenso wie der Hammer, der Finger und das Bum. Doch sobald man in Erwartung eines Splatter-Feuerwerks tief durchatmete, kam auch schon der Schnitt auf Romantik. Minutenlange Knutscherei im Lift. Kein Luftholen, dafür aber Super-Slow-Motion und als kleiner Appetizer ein wenig Blut samt Todesfall im Schnelldurchlauf. So geht das aber nicht in diesem Genre. Da erwartet man sich absolute Priorität für Ketchup-Gemetzel und eine Heerschar bildschirmfüllend über die Leinwand wabbernder Kunstbluttröpfchen. Stattdessen umfingen einen in „Drive“ neben kitschigen Lichtszenarien, elysische Falsettchoräle und halbseiden treibende Beats. Vor 15 Jahren wäre der Soundtrack von den Nine Inch Nails gekommen. Pur, kalt und am Punkt. Aber wer weiß, vielleicht ist „Drive“ ja als langatmige Übertreibung genreverwandter Oeuvres zu verstehen.
Auf alle Fälle ist Ryan Gosling nah dran, Dave Gahan vom Thron der sexiest Hüfthosenträger alive zu stoßen.  Vielleicht ist er sogar der Edward Norton des neuen Jahrtausends. Auf diesen Film hätte er auf alle Fälle verzichten können. Nur hätte man dann nie gesehen, dass eine Ausflugsszene am Abwasserrohr mehr Heile-Welt-Potenzial haben kann, als ein Brad-Pitt-dominiertes Fliegenfischeridyll.

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