Shame

18. April 2012 | Von | Kategorie: Kinematograph

Sharon Stone trug blond, Michael Fassbender jetzt gar nichts. Die Emanzipation des Mannes als körperreduzierte Wichsvorlage findet als durchs Bild spazierender Schwanz statt. Im Halbschatten, mehr oder weniger deutlich konturiert, vielleicht als Double, vielleicht aber auch echt. So oder so reicht es allemal den Träger des ansehnlichen Genitals auf die Cover des internationalen Boulevards zu katapultieren. A star is born. Das war er zwar schon zuvor, jetzt allerdings verbrieft. Der Masse gefällt´s.

Dabei ist Shame ein Oeuvre für das Drehbuch & Regie in die Schämecke gestellt gehörten. Die Geschichte langatmig, zu viele Erzählstränge, fehlende Stringenz. Die Charaktere durchaus mit Potenzial, aber klischeeüberladen und unausgegoren. Ein Marilyn-Monroe-Lookalike, das gerade durch diverse Hollywoodproduktionen gereicht wird, schmalzt aus unerfindlichen Gründen minutenlang ins Mikrophon. Goldgewandet. Ein Engel kurz vor dem Fall. Der Bruder weint. Der Kollege nestelt schon mal am Hosenstall. Kitsch as Kitsch can.

Und dabei fordert das die Geschichte gar nicht. Junger Typ hat tollen Job, ist aber sozial ein wenig depriviert. Gut, soll vorkommen. Wenn er sich abends seine Pornodates ausmacht, heißt das noch lange nicht, dass er deshalb psycho ist, sein muss oder wird. Die Zugriffszahlen auf Youporn und ähnliche Websites würden dann nämlich den Großteil der Internetuser als potenzielle Irre ausweisen. Oder nein, das Wort zum Film ist ja „sexsüchtig“. Auch so ein Terminus, der einer genaueren Betrachtung unterzogen gehört. Allerdings perfekt in einen Streifen passt, der bei all seiner gespielten Explizität vor allem eines vermittelt – superkonservative Rollenbilder und -handlungen.

Ein bissi schwul, aber maximal bis zum Schwanzlutschen. Ein bissi verrucht, aber maximal oben ohne. Ein bissi Sexabenteuer mit der Kollegin, aber die bitte unbedingt mit moralisch einwandfreier Familienplanungsidee. Dafür aber, und das war dann auch schon das Highlight dieses Kinobesuchs, in großartiger Umgebung. Wobei im Endeffekt nicht mal das großartige Setting der Hotelszene das Eintrittsgeld wert war. Eine Schande, eigentlich!

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