Highlige Nacht

25. Dezember 2009 | Von | Kategorie: Das philosophische Menuett, Stadtgeschichten

In der ZIB 1 wurde dem gestrigen Abend hartnäckig eine Heiligkeit vorangestellt, welche die Moderatorin durch artige und mit leichter Betroffenheit behafteter Festtagsmiene zu unterstreichen wusste. Selbst in den Wetteraussichten war nicht von Nachttemperaturen, sondern den Temperaturen der eben HEILIGEN Nacht die Rede. Man wunderte sich, allerdings nur bis zur Christmette im Stephansdom, denn dort erschloß sich einem das Wunder der heiligen Dreifaltigkeit der hierzulande praktizierten Verquickung aus Religion, Medien und Politik, gegen welche die göttliche Trinitas ein Konglomerat loser Zufallsbekanntschaften darstellt. Allein für diese Erkenntnis hat sich der mittnächtliche Ausflug schon mehr als gelohnt.

Denn Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel (EX-ORF), Bundesministerin Gehrer (ORF-Redakteursmutter und zudem seit Jahren nicht mehr in der Bundesregierung, was im kirchlichen Umfeld aber offensichtlich obsolet für Titulierungen ist – einmal Papst, immer Papst!), Landesdirektorin Brigitte Wolf (ORF Wien) und wortwörtlich alle ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter wurden von Dompfarrer Faber in seinen Eingangsworten an prominenter, weil erster Stelle, begrüßt. Da darf einen auch der heilige Abend im ORF nicht weiter wundern.

Selbst kam man im mehr als gut besuchten Wiener Wahrzeichen neben einem Umberto Eco´s Roman „Der Name der Rose“ entsprungenen Salvatore-Lookalike zu sitzen, die Gefolgschaft des Herrn Dompfarrers hätte für das Casting ebendieses Films auch beste Chancen gehabt, da war vom Pin-Up-Boy, über den leicht eunuchigen Kahlgeschorenen und den Buckligen die ganze Palette potentiell telegener Kirchenmänner vertreten.

Und dann ging es los, das große Orgien-Mysterientheater der HEILIGEN römisch-katholischen Kirche. Schwaden von Weihrauch, Männer in goldbestickten Umhängen, einer mit rotem Zackenguglhupf am Köpfchen, gesungene Geschichten von Schwängerern und Geschwängerten, die vorgeben Zeugungen, an denen sie selbst beteiligt gewesen sein mussten, einfach verschlafen zu haben. Womit anzunehmen wäre, dass der Heilige Geist der Somnophilie zugeneigt war oder sich aber  Josef & Maria den Hausfreund teilten und die Geschichte gut zu verkaufen wussten. Auch Halluzinogene sind ob der wunderlichen Geschichten nicht ganz auszuschließen, vielleicht eine Schwefelquelle neben dem Häuschen. Man mutmaßt sich durch die Liturgie und kommt aus dem Wundern gar nicht mehr raus. Zwischendurch spricht ein US-Priester mit Marilyn Manson Stimme und warnt vor dem Bösen, das gerade in der heiligen Zeit überall lauert, das hatte durch die an den selbsternannten Antichristen erinnernde Intonierung eine gewissen Komik.

Dann wurde auch noch der Schauspieler Götz Kaufmann – auch eher dem komischen Fach zuzuordnen und zumindest karrieremäßig bereits des Öfteren totgeschrieben – zur Hauptfigur der dompfarrerlichen Weihnachtsansprache. Kehrte Kaufmann, der ganz offensichtlich kurz vor seiner letzten Reise steht, doch erst vorgestern als geläutertes Schaf zur römisch-katholischen Herde zurück.

Und dann ging dieses Tralala los von wegen kleiner, sündiger Mensch und großer Gott, und die Auferstehung von den Toten und das ewige Leben und die rettende Stunde und der Säugling, der sich für ein auserwähltes (sic! das hatten wir doch schon mal ganz gruselig vor nicht allzu langer Zeit) Volk opfert. Himmel, Herrgott, im wahrsten Sinne des Wortes, das darf doch alles nicht wahr sein. Wo bleibt der gesunde Menschenverstand, oder sind jetzt alle völlig gaga – HIGHlige Nacht eben!

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