#twistanbul

4. Juni 2012 | Von | Kategorie: Blickwinkel, Reiselust, Web 3.0 oder Fräulein B. und die digitale Wunderwelt
Twitter on tour – da glühte das Smartphone und das, obwohl die Abreise unter einem mehr als ungünstigen Stern stand. Genau genommen handelte es sich dabei wohl um die lupenreine Ausprägung einer Self Fullfilling Prophecy, wusste das Seriösmedium DIE ZEIT doch kurz vor dem Abflug doppelseitig und eindringlich vor der ultimativen Erdbebengefahr für Istanbul zu panikisieren. Das ließ einen dann mehr oder weniger bewusst Notmaßnahmen einleiten, zu denen wohl auch das Verpassen der Regionalbahn zum Flughafen und Vertratschen am falschen Gate gehörten. Doch der schlaue Reisepartner durchschaute die Taktik, und so fand man sich schlussendlich knapp, aber doch, in der richtigen Maschine mit Kurs auf den Bosporus wieder.

Kaum angekommen, bildete man sich die erste Erdbewegung ein, um diese für die nächsten Tage aufgrund der Imposanz der Stadt gleich wieder zu vergessen. Man hatte nun Wichtigeres zu tun. Dazu gehörte fürs Erste, das Geschichtswissen ein wenig aufzumöbeln, oder besser, den Blickwinkel ein wenig zu verändern. 10 Minuten nach Betreten des Topkapi-Palastes beschlich einen nämlich das bestimmte Gefühl, dass das Osmanische Reich im Schulunterricht so nicht vorkam und man bei Türkenbelagerung und irgendwas mit Kaffee stehen geblieben war. Jetzt erweiterte man salopp: Sowas wie die Habsburger, nur statt durch Gottes halt durch Allah´s Hand – aber derselben cleveren Heirats- und Reichserweiterungspolitik, die dann irgendwie im und am Größenwahn beziehungsweise dem Reissbrett der Siegermächte des 1. Weltkriegs endete.

Man war völlig geflasht von der Hagia Sophia, wohnte im Geiste einer oströmischen Kaiserkrönung bei, ließ sich vom größten Diamanten der Welt blenden und vom Zauber des alten Constantinopel gefangen nehmen. Man drehte an diversen Säulen Däumchen um 360 Grad und darf seither hoffen, dass auch wirklich alle Träume in Erfüllung gehen. Das tat einer dann auch prompt, bekam man doch seine eigene Bettdecke! Denn nicht ganz unverschuldet fand man sich und Reisepartner nach Beanstandung von Zimmer Numero 1 in der Honeymoon Suite wieder . Alles schön. Alles gut. Und Bombenaussicht! Nur leider nix für ein sich unromantisch das Bett teilende Reiseduett, für welches das kuschelige und eindeckige Matrimonial Bed eher schlaftechnischer Alb- als Wunschtraum ist. Der Reisekollege, obendrein Ästhet und Verhüllungsfreund, gutiert im Fall des Falles eher eine Decke mehr als zu wenig und folgt damit unbewusst der örtlich gelebten Tradition, welche dem Verhüllen ganz allgemein einen prominenteren Platz einräumt, als dem Aufdecken.

Die schicken #twistanbul-Schlüsselanhänger gibt es übrigens bei Rumpeltasche handmade in Austria.

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Auf Tripwolf gibt´s demnächst ein paar Reisetipps, die hier schon mal kurz angeführt sein wollen:

Das Museum der Unschuld von Orhan Pamuk – Weltliteratur zum Anschauen

Das „Museum der Unschuld“ von Orhan Pamuk ist ein Pflichtprogramm für die Fangemeinde des türkischen Literaturnobelpreisträgers. Er beweist nicht nur in seinen Büchern die Liebe zum Detail, er setzte diese auch bei der Gestaltung seines Museums um. Mit großer Sorgfalt und dem ihm eigenen Blick auf Alltägliches hat Pamuk einen Ort geschaffen, der ganz im Zeichen seines Ouevres „Das Museum der Unschuld steht“. Feinsäuberlich sind die Erinnerungsstücke einer großen Liebe in anheimelnden Wandschränken und Glasvitrinen angeordnet und strömen trotz des fast manischen Sammelcharakters etwas Heilsames aus. Die Atmosphäre lädt zum Verweilen und Träumen ein. Sie ist beseelt vom Zauber längst Vergangenem und gewährt dem Publikum den freien Blick auf eine Liebe, vielleicht weniger jener zwischen zwei Menschen als viel mehr der Liebe zu einer Stadt.

In dem dreigeschößigen Haus in unmittelbarer Nähe der quirligen Istiklal Caddesi scheint die Zeit still zu stehen. Beim Eintritt in das Halbdunkel des Masumiyet Müzesi, wie das Museum auf Türkisch heißt, begibt man sich auf eine Reise durch ein Istanbul der Melancholie – dem von Pamuk vielzitierten Hüzüm. Hier in der Dalgic Ckmazi 2 – nicht zu verwechseln mit der gleich ums Eck gelegenen Dalgic Sk. 2, an der sich ein Lebensmittelgeschäft mit auskunftsfreudigem Kassier befindet – wartet ein unverstellter und mit viel Feingefühl gestalteter Einblick in die Liebes- und Lebenswelt von Kemal und seiner Angebeteten Füsun. Und trotzt des im wahrsten Sinne des Wortes Ausgestellt-Seins der Gegenstände ist der gewährte Einblick ein unschuldiger. Es geht hier nicht um Voyeurismus, sondern einzig und allein um das Eintauchen in eine Geschichte und deren unmittelbares Erleben.
Ein Muss für Literaturinteressierte und all jene, die Istanbul so erleben möchten, wie es vielleicht einmal war – zumindest in Pamuk´s Erinnerung und Vorstellung. Ein Mikrokosmos der Verträumt- und Vergangenheit inmitten einer pulsierenden Megacity. Und auf alle Fälle ein Highlight unter den Museen der Stadt.

Cagaloglu Hamami – Baden unterm Sternenhimmel

Ein Badevergnügen der besonderen Art wartet hinter der unauffälligen Steinfassade des Cagaloglu Hamami. Unweit der Yerebatan Sarnici – einer der größten Zisternen der Welt – befindet sich dieser jahrhundertealte Wellness-Tempel, der durch seine Lage im Zentrum der Istanbuler Altstadt Touristen wie Einheimische gleichermaßen anzieht und durch seine Authentizität besticht. Wer hier ein Bad nimmt, auf den wartet ein fast archaisches Erlebnis.

Durch das Hauptportal geht es für die Herren gerade aus. Der Eingang für die „LADIES“ ist zwar im kleinen Gässchen ums Eck angeschrieben, man wird jedoch auch zum Haupteingang in der Prof. Kazi Gurkan Cad. 34  und dort nach den Stiegen scharf rechts in den Damenbereich geleitet. Um einen Zimmerbrunnen und in Kaffeehaus-Atmosphäre warten Wäscherinnen. Es werden die Formalitäten erledigt; heisst Auswahl des Waschprogramms und Aushändigung des Schlüssels zum eigenen Umkleide- und Ruhekabinett. Dieses verlässt man nach kurzes Zeit im schicken Hamami-Leintuch und halsbrecherischen Holzsandalen, die an Gladiatoren-Filme erinnern. Aber keine Angst, die persönliche Wasch-Assistentin ist der unbeholfenen Neo-Hamam-Besucherin sofort zur Stelle und führt an der Hand in den Waschtempel.

Alles Stein. Eine mächtige Kuppel mit Sternenzelt, durch welches das Tageslicht bricht. An den Wänden ausladende Marmorwaschbecken in denen Silberschalen schwimmen – und überall Geplätscher. Man sucht sich ein Plätzchen neben einem der Wasserbecken, fischt sich eine der Silberschalen und beginnt zu pritscheln. Ein wahrer Jungbrunnen. Und das ist erst der Anfang.

Beginnt die Haut an den Fingerkuppen zu schrumpeln und der Wasserdampf den Blick einzutrüben, kommt die Wäscherin und führt einen zum Steinrondeau in der Mitte des Saales. Dort wird von der Fachfrau die Vorder- und Rückseite im Liegen, Sitzen und Stehen geschrubbt, geknetet, eingeseift und shamponiert. Einfach himmlisch!

Danach gibt´s einen Kostümwechsel vom wasserdurchtränkten Leinentuch ins flauschige Badetuch, das von der Wäscherin gekonnt um Kopf und Körper geschlungen wird. Zum Ruhen geht es weiter ins persönliche Badekabinchen mit Bett und Spiegel. Durch die Oberlichte dringt das Licht aus dem Vorraum, wo andere Badegäste und die Wäscherinnen zum Plausch zusammensitzen. Man ruht und genießt das angeregte Gemurmel im Hintergrund. Man döst und kann sich nur schwer dazu aufraffen, dieses lauschige Plätzchen wieder zu verlassen. Als kleines Andenken und für das Badevergnügen zu Hause können vor dem Verlassen dieses wundervollen Ortes noch kostenfreundliche Souvenirs in Form von Seifen und Handschuhen erworben werden.

Ein Erlebnis und eine Empfehlung für alle Badenixen und Wasserfrösche.

Istanbul zu Fuß – Vorschläge für Spaziergänge rund um das goldene Horn

Istanbul mit seinen verwinkelten Gässchen und seinen chronisch verstopfen Straßen bietet sich förmlich an, zu Fuß erkundet zu werden. Doch Vorsicht! Im Fall des Falles Autos und anderen motorisierten Verkehrsmitteln defensiv begegnen und wenn es drauf ankommt, ausweichen. Hält man sich an diese Regel, ist ein Spaziergang durch Istanbul eine entspannte Sache und bietet Einblicke, die sich sonst nicht in dieser Unmittelbarkeit erleben ließen. Die beiden folgenden Routen wurden selbst erkundet und gaben einen Blick auf Istanbul frei, den man anderen interessierten SpaziergängerInnen nicht vorenthalten möchte. Viel Vergnügen und fröhliches Spazieren!

Istanbul – Altstadt über die Hügel nach Balat

Vom Hotel Sude Konak und nach einem kleinen Erfrischungsgetränk über den Basar und seine angrenzenden, verwinkelten Gassen entlang der Universitätsmauer und Kalenderhane zur Fatih Moschee und mäandernd den Hügel runter in Richtung Balat. Dort eine kleine Pause und mit dem Schiff zurück nach Eminönü.


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Istanbul – Nisantasi mit allen Verkehrsmitteln

Nach der Rückkehr aus Balat mit der Straßenbahn von Eminönü nach Kabatas und mit der Standseilbahn auf den Taksim-Platz. Zu Fuß weiter in Richtung Nisantasi. Durch den Mackapark und dort mit der Seilbahn weiter und schließlich in Nisantasi gelandet. Durch die Shoppingmeilen und mit der Metro von Osmanbey auf den Taksimplatz. Dort die Istiklal Cad runter und auf der „Mado“-Terrasse Zuflucht vor den Regenmassen gesucht und gefunden. Schließlich die Straße runter und noch fein Fisch gegessen und über die Galatabrücke zurück ins Hotel.


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